Archiv der Kategorie 'kurzgeschichten'
Samstag, 5. April 2008
5. April 2008
Auf dem Weg zum Butter kaufen, vor dem Geschäft, treffen wir uns.
Ein matter Film auf seinen Augen, tönt die Welt Grau für ihn. Die Stimme kaum hörbar, weil auf Resignation getrimmt. Ein Gesichtsausdruck wie ein abgestandenes Bier, ein wenig riecht er auch so.
„Ich habe mir überlegt“, erzählt er mir, “ich falle drei mal durch, scheitere. Dann kann endlich etwas Neues kommen.“
Aber warum überhaupt durchfallen, wenn er es nicht schaffen will?
„Das ist für die Anderen.“
Sein Plan ist das Scheitern. Aber nicht für sich selbst, das hat er bereits geschafft. Das Urteil muss noch von offizieller Seite verhängt werden. Wichtig ist hierbei, dass gescheitert und nicht abgebrochen, aufgegeben kapituliert wird. Es gilt eine Erklärung für das Ende des Einen bzw. den Neuanfang des Anderen zu schaffen, die kommuniziert werden kann. Eine, die Andere verstehen können, um die wirkliche Erklärung für sich behalten zu können. Diese würde auch niemand verstehen, in diesen Tagen nicht einmal er selbst. Ich frage mich, ob er versucht hat sich zu verstehen. Doch wer kann sich schon sich selber erklären?
Wie oft, frage ich mich, scheitern wir für Andere anstatt unsere Kapitulation zu verkünden? Aufgeben gehört nicht in die von uns geschaffene Welt. Genauer, die Menschen die aufgegeben haben, gehören nicht mehr zu ihr. Über Gescheiterte lassen sich immerhin noch tragische Geschichten schreiben. Wer aber hätte Interesse an Geschichten von Niederlagen ohne dass diesen, die allseits beliebten, Kämpfe vorangingen? Solche Geschichten kann niemand verstehen.
Es braucht mehr Mut sich selber und den Menschen um einen herum die Aufgabe zu gestehen, als ein Leben lang zu scheitern. So geben wir die Wahrheit auf, unhörbar und unsichtbar, und scheitern für Andere. Bis wir irgendwann wohl auch für uns selber zu scheitern beginnen.
Was kann ich ihm sagen? Ich weiß: Er hat aufgegeben. Ich weiß nicht: Wie redet man mit solchen Menschen. Sollte ich selber zu Ihnen gehören, ich wüsste es trotzdem nicht.
Die Gedanken hinter diesem Gespräch wiegen zuviel für uns. Bevor wir zusammen brechen, brechen wir ab. Man könne ja demnächst mal wieder ein Bier zusammen trinken, verabschieden wir uns. Hoffend, dass es ein langes „Demnächst“ ist, dass zwischen dem Heute und dem Bier liegt, dass wohl keinem von uns schmecken würde.
Also geht jeder seinen Weg weiter. Und während ich den ersten Schritt weg von ihm mache, streife ich die Erkenntnis: Er ist wie unsere Welt; hat aufgegeben, kann es niemanden sagen; wartet nur noch auf das große, auf das offizielle und endgültige Scheitern.
Um es denn Menschen zu erklären. Um es mir zu erklären.
Damit wir eine traurige Geschichte darüber schreiben können.
Ich lasse die Erkenntnis stehen wo sie ist und gehe endlich meine Butter kaufen.
Ein matter Film auf seinen Augen, tönt die Welt Grau für ihn. Die Stimme kaum hörbar, weil auf Resignation getrimmt. Ein Gesichtsausdruck wie ein abgestandenes Bier, ein wenig riecht er auch so.
„Ich habe mir überlegt“, erzählt er mir, “ich falle drei mal durch, scheitere. Dann kann endlich etwas Neues kommen.“
Aber warum überhaupt durchfallen, wenn er es nicht schaffen will?
„Das ist für die Anderen.“
Sein Plan ist das Scheitern. Aber nicht für sich selbst, das hat er bereits geschafft. Das Urteil muss noch von offizieller Seite verhängt werden. Wichtig ist hierbei, dass gescheitert und nicht abgebrochen, aufgegeben kapituliert wird. Es gilt eine Erklärung für das Ende des Einen bzw. den Neuanfang des Anderen zu schaffen, die kommuniziert werden kann. Eine, die Andere verstehen können, um die wirkliche Erklärung für sich behalten zu können. Diese würde auch niemand verstehen, in diesen Tagen nicht einmal er selbst. Ich frage mich, ob er versucht hat sich zu verstehen. Doch wer kann sich schon sich selber erklären?
Wie oft, frage ich mich, scheitern wir für Andere anstatt unsere Kapitulation zu verkünden? Aufgeben gehört nicht in die von uns geschaffene Welt. Genauer, die Menschen die aufgegeben haben, gehören nicht mehr zu ihr. Über Gescheiterte lassen sich immerhin noch tragische Geschichten schreiben. Wer aber hätte Interesse an Geschichten von Niederlagen ohne dass diesen, die allseits beliebten, Kämpfe vorangingen? Solche Geschichten kann niemand verstehen.
Es braucht mehr Mut sich selber und den Menschen um einen herum die Aufgabe zu gestehen, als ein Leben lang zu scheitern. So geben wir die Wahrheit auf, unhörbar und unsichtbar, und scheitern für Andere. Bis wir irgendwann wohl auch für uns selber zu scheitern beginnen.
Was kann ich ihm sagen? Ich weiß: Er hat aufgegeben. Ich weiß nicht: Wie redet man mit solchen Menschen. Sollte ich selber zu Ihnen gehören, ich wüsste es trotzdem nicht.
Die Gedanken hinter diesem Gespräch wiegen zuviel für uns. Bevor wir zusammen brechen, brechen wir ab. Man könne ja demnächst mal wieder ein Bier zusammen trinken, verabschieden wir uns. Hoffend, dass es ein langes „Demnächst“ ist, dass zwischen dem Heute und dem Bier liegt, dass wohl keinem von uns schmecken würde.
Also geht jeder seinen Weg weiter. Und während ich den ersten Schritt weg von ihm mache, streife ich die Erkenntnis: Er ist wie unsere Welt; hat aufgegeben, kann es niemanden sagen; wartet nur noch auf das große, auf das offizielle und endgültige Scheitern.
Um es denn Menschen zu erklären. Um es mir zu erklären.
Damit wir eine traurige Geschichte darüber schreiben können.
Ich lasse die Erkenntnis stehen wo sie ist und gehe endlich meine Butter kaufen.
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Sonntag, 16. Dezember 2007
16. Dezember 2007
es ist dezember und minus 3 grad kalt. wir gehen die straße runter, ihre linke hand in meiner rechten, meine rechte in ihrer linken. der kalte wind zwickt an ihren füßen, an der freien stelle zwischen schuh und hose. meine nase ist kalt, so dass sie etwas feucht ist. wir beobachten unseren atem, während wir gehen.
plötzlich bleibt sie stehen, an ihrer hand verankert schleudere ich mich herum. ich drehe mich auf dem rechten fuss, probiere ihre lippen mit meinen zu treffen, lande mit dem linken zwischen ihren füßen, erwische nur die hälfte ihres mundes. aber das ist in ordnung, keiner kümmert sich um solche details. ich ziehe meinen kopf etwas zurück, mein oberkörper drückt ganz leicht gegen ihre brust, man kann erahnen was sich unter dem mantel verbrirgt.
„dein kinn ist kalt“ sage ich.
„dein mund ist warm“ sagt sie.
dann küssen wir uns wieder, ich schau ihre augen, sie in meine. und wir gehen weiter richtung bahnhof.
beschwingt von dem guten gefühl, alles nötige gesagt zu haben.
plötzlich bleibt sie stehen, an ihrer hand verankert schleudere ich mich herum. ich drehe mich auf dem rechten fuss, probiere ihre lippen mit meinen zu treffen, lande mit dem linken zwischen ihren füßen, erwische nur die hälfte ihres mundes. aber das ist in ordnung, keiner kümmert sich um solche details. ich ziehe meinen kopf etwas zurück, mein oberkörper drückt ganz leicht gegen ihre brust, man kann erahnen was sich unter dem mantel verbrirgt.
„dein kinn ist kalt“ sage ich.
„dein mund ist warm“ sagt sie.
dann küssen wir uns wieder, ich schau ihre augen, sie in meine. und wir gehen weiter richtung bahnhof.
beschwingt von dem guten gefühl, alles nötige gesagt zu haben.
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Montag, 10. Dezember 2007
10. Dezember 2007
"wie war dein tag?", fragt er mich.
was soll ich dazu sagen? wusste gar nicht das ich einen eigenen tag habe, dass ist zuviel der ehre. war dies nicht eher dein tag?
er war einfach nur da, hat mich aber nicht wirklich erreicht. verkatert und müde oder vielleicht auch erschöpft von seinem letzten besitzer? war er vielleicht krank?
"wie immer halt.", sage ich, zucke mit den schultern und sehe mir auf die füße. "und bei dir?" frage ich. "ok" sagt er, zuckt mit den schultern und sieht sich auf die füße.
menschen mit solchen tagen, haben sich nicht viel zu sagen.
was soll ich dazu sagen? wusste gar nicht das ich einen eigenen tag habe, dass ist zuviel der ehre. war dies nicht eher dein tag?
er war einfach nur da, hat mich aber nicht wirklich erreicht. verkatert und müde oder vielleicht auch erschöpft von seinem letzten besitzer? war er vielleicht krank?
"wie immer halt.", sage ich, zucke mit den schultern und sehe mir auf die füße. "und bei dir?" frage ich. "ok" sagt er, zuckt mit den schultern und sieht sich auf die füße.
menschen mit solchen tagen, haben sich nicht viel zu sagen.
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10. Dezember 2007
"wie war dein tag?", fragt er mich.
gut er sah jedenfalls nicht aus, fand ich. als wir uns gestern abend verabredeten, hatte ich mir mehr vorgestellt. er wirkte gestern noch so vielversprechend, voller euphorie. ich hatte mich auf ihn gefreut. doch statt durchs fenster zu krachen, zwängt er sich langsam durch den türspalt, sieht aus wie hingerotzt, nur in grau gekleidet und stinkt schon jetzt nach zualt. zudem ist er noch viel zu spät.
danke, dachte ich mir, was soll ich denn jetzt mit dem anfangen? gestern hatten wir uns noch so viel vorgenommen, eine liste mit all den wichtigen dingen geschrieben. und jetzt? er hat das meiste wegradiert. kaum etwas von den dingen kann ich noch lesen und nichts von dem was ich lesen kann hat eine bedeutung für mich.
du kannst mich mal, mein tag. vielleicht sehen wir uns später wieder, aber jetzt lass mich allein. wie soll man nur mit solchen tagen leben, frage ich mich.
während ich mich anziehe kommen andere von der arbeit nach hause. von ihrem tag gezeichnet, die gleiche farbe in ihren gesichtern tragend. kehren in ihr heim zurück. vor dem fernseher einschlafend warten sie auf ihren nächsten tag. sie denken nicht über ihre tage nach. solang sie sich erinnern können kommt der gleiche tag, sie haben sich an ihn gewöhnt und wissen was sie zu erwarten haben.
ich sehe sie aus dem fenster, durch meinem spiegelbild hindurch. wie erbärmlich, denke ich, und bin mir nicht sicher wen ich damit meine.
hallo tag, was ist jetzt mit dir! will ich schreien, doch ich höre nur ein stöhnen. ich überlege ein bsichen hin und her was ich machen soll, doch es wird mir schnell schwindelig. ich beginne hier und dort, doch es liegt zuweit auseinander. alles muss gegen den zähen ausfluss meines tages anschwimmen.
ich frage mich, ob vielleicht nur das vom tage bei mir ankam, was die toilette runtergespült wurde. daher auch sein aussehen. kurz denke ich, mein tag ist gottes haufen scheiße, der durch die gewundenen pfade der heiligen kloake auf mir gelandet ist. und ich darf mich da jetzt durchwühlen.
was auch immer, es liegt jetzt jedenfalls hinter mir. mein tag macht mich müde ohne dass ich weiß warum. ich schaudere, es macht mir angst.
mein nächster tag sollte etwas mehr leben, etwas mehr von mir, oder gar für mich, haben. ich suche mir einen aus der mir gefallen könnte. hoffentlich hält er sich an sein (werbe-?)versprechen. der zeitpunkt des treffens gibt der wecker vor. er hat ein schwieriges geschäft, leicht fällt die wahl auf zu früh oder zu spät, dazwischen gibt es nur sehr wenig. der richtige zeitpunkt des aufeinander treffens ist aber sehr wichtig, leicht ist der tag schon von anfang an hinüber , besser gleich vorbei. und diese tage wie heute hab ich satt. noch einen mehr, und ich muss alle vorherigen tage auskotzen. ich hoffe auf einen, der „mein tag“ zu heißen verdient hat.
ich blicke nach vorn.
"es war nicht mein tag. bin nur froh das es nicht mein letzter war."
gut er sah jedenfalls nicht aus, fand ich. als wir uns gestern abend verabredeten, hatte ich mir mehr vorgestellt. er wirkte gestern noch so vielversprechend, voller euphorie. ich hatte mich auf ihn gefreut. doch statt durchs fenster zu krachen, zwängt er sich langsam durch den türspalt, sieht aus wie hingerotzt, nur in grau gekleidet und stinkt schon jetzt nach zualt. zudem ist er noch viel zu spät.
danke, dachte ich mir, was soll ich denn jetzt mit dem anfangen? gestern hatten wir uns noch so viel vorgenommen, eine liste mit all den wichtigen dingen geschrieben. und jetzt? er hat das meiste wegradiert. kaum etwas von den dingen kann ich noch lesen und nichts von dem was ich lesen kann hat eine bedeutung für mich.
du kannst mich mal, mein tag. vielleicht sehen wir uns später wieder, aber jetzt lass mich allein. wie soll man nur mit solchen tagen leben, frage ich mich.
während ich mich anziehe kommen andere von der arbeit nach hause. von ihrem tag gezeichnet, die gleiche farbe in ihren gesichtern tragend. kehren in ihr heim zurück. vor dem fernseher einschlafend warten sie auf ihren nächsten tag. sie denken nicht über ihre tage nach. solang sie sich erinnern können kommt der gleiche tag, sie haben sich an ihn gewöhnt und wissen was sie zu erwarten haben.
ich sehe sie aus dem fenster, durch meinem spiegelbild hindurch. wie erbärmlich, denke ich, und bin mir nicht sicher wen ich damit meine.
hallo tag, was ist jetzt mit dir! will ich schreien, doch ich höre nur ein stöhnen. ich überlege ein bsichen hin und her was ich machen soll, doch es wird mir schnell schwindelig. ich beginne hier und dort, doch es liegt zuweit auseinander. alles muss gegen den zähen ausfluss meines tages anschwimmen.
ich frage mich, ob vielleicht nur das vom tage bei mir ankam, was die toilette runtergespült wurde. daher auch sein aussehen. kurz denke ich, mein tag ist gottes haufen scheiße, der durch die gewundenen pfade der heiligen kloake auf mir gelandet ist. und ich darf mich da jetzt durchwühlen.
was auch immer, es liegt jetzt jedenfalls hinter mir. mein tag macht mich müde ohne dass ich weiß warum. ich schaudere, es macht mir angst.
mein nächster tag sollte etwas mehr leben, etwas mehr von mir, oder gar für mich, haben. ich suche mir einen aus der mir gefallen könnte. hoffentlich hält er sich an sein (werbe-?)versprechen. der zeitpunkt des treffens gibt der wecker vor. er hat ein schwieriges geschäft, leicht fällt die wahl auf zu früh oder zu spät, dazwischen gibt es nur sehr wenig. der richtige zeitpunkt des aufeinander treffens ist aber sehr wichtig, leicht ist der tag schon von anfang an hinüber , besser gleich vorbei. und diese tage wie heute hab ich satt. noch einen mehr, und ich muss alle vorherigen tage auskotzen. ich hoffe auf einen, der „mein tag“ zu heißen verdient hat.
ich blicke nach vorn.
"es war nicht mein tag. bin nur froh das es nicht mein letzter war."
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